Itzehoe/Wilster | Täglich bringt der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) mehr als 2,7 Millionen Menschen auf 770 Linien an ihr Ziel. Zum Fahrplanwechsel 2021/22 könnten es einige mehr werden. Dann soll der Kreis Steinburg offiziell Mitglied im Verbundsystem werden. Diesen Fahrplan stellte HVV-Finanzchef Jens Renken im Rahmen der Sitzung des kreisweiten Zweckverbands Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) in Wilster vor. Auch der Kostenrahmen steht: Mit 740.000 Euro pro Jahr ist der Kreis Steinburg dabei.
Die gute Nachricht für alle Fahrgäste im künftigen HVV-Gebiet Steinburg: „Für 71 Prozent der Fahrten von und nach Hamburg werden die Preise sinken“, kündigte Renken an. Bei 22 Prozent der Fahrten ändern sich die Preise in nur geringem Umfang, bei 7 Prozent steigen sie. Ursache dieser Preiserhöhung sei in erster Linie der Wegfall der Bahn-Card-Rabattierung.
„Jetzt kann die politische Diskussion im Kreis Steinburg sowie in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein beginnen“, betonte Renken. Bis Ende des Jahres müssen die Zustimmungen vorliegen, denn der HVV benötigt ein Jahr für die Vorbereitung und Umsetzung zum Jahresende 2021.
Verbandsvorsteher und Landrat Torsten Wendt kündigte vor diesem Hintergrund an, dass der ÖPNV-Zweckverband vermutlich Anfang Oktober darüber entscheiden werde. „Eine frühzeitiges Votum ist nötig, weil Hamburg und Schleswig-Holstein auf den Kreis schauen.“ Die beiden Länder tragen die finanzielle Hauptlast des Beitritts.
So setzen sich die Kosten zusammen
Insgesamt schlägt die Integration des Kreises Steinburg in das HVV-Tarifsystem mit jährlich 4,7 Millionen Euro zu Buche. Die Summe setzt sich aus Mindereinnahmen wegen sinkender Fahrpreise (4,3 Millionen Euro) und Marketingkosten (366.000 Euro) zusammen. 65 Prozent davon (2,8 Millionen Euro) zahlt Schleswig Holstein, auf Hamburg entfallen 22 Prozent (eine Million Euro). Für den Kreis bleiben 657.000 Euro (13 Prozent). Darüber hinaus muss ein Gesellschafter-Anteil von einem Prozent übernommen werden, dies macht jährlich 85.000 Euro aus.
Neben den jährlichen Kosten fallen jedoch auch Einmalzahlungen von etwa 650.000 Euro an. „Dazu zählt die Einrichtung der 950 Bushaltestellen im Kreis Steinburg nach HVV-Standard“, so Renken. Die Investitionen für rote Masten und Fahnen belaufen sich auf 430.000 Euro. Hinzu kommen unter anderem Verkehrserhebungen (150.000 Euro) und Werbekosten (19.000 Euro).
Geklärt werden muss auf Kreisseite noch, ob der Kreis Steinburg künftig Gesellschafter wird oder der ÖPNV-Zweckverband. Bisher ist der Zweckverband für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig, in dem die Steinburger Gemeinden mit ihren jeweiligen Bürgermeistern vertreten sind. In allen anderen schleswig-holsteinischen Landkreisen ist allerdings der Kreis und damit der Kreistag für den ÖPNV zuständig. Dies Modell befürwortet auch der HVV. „Die Situation in Steinburg sehen wir zurzeit kritisch“, so Renken. Durch den Zweckverband würden sich Entscheidungen verlangsamen. „Ein Ausschlusskriterium ist dies jedoch nicht.“
Zweckverband könnte aufgelöst werden
Im Kreis wird auch bereits über die Auflösung des Zweckverbandes diskutiert, entschieden ist sie jedoch noch nicht. Um den Bürgermeistern die Sorge vor einem schwindenden Einfluss zu nehmen, bereiten die Kreispolitiker zurzeit eine Absichtserklärung vor, die unter anderem ein ÖPNV-Forum zusichert, in dem aktuelle Fragen zum öffentlichen Personennahverkehr diskutiert werden sollen.
Lohnende Investition
Ein Kommentar von Joachim Möller
Der Beitritt des Kreis Steinburg zum Hamburger Verkehrsverbund HVV – endlich ist die lange vermisste Dynamik in das Projekt gekommen. Viele Jahre schien der Beitritt nur ein Ziel am fernen Horizont zu sein, jetzt ist es in Sichtweite. Schon in eineinhalb Jahren könnte die Vision Wirklichkeit werden und der Kreis Mitglied in der großen HVV-Familie sein. Und eine bessere Anbindung an die Metropolregion Hamburg wiegt auch die jährlichen Kosten von 740.000 Euro auf. Umgelegt auf jeden Steinburger sind das 5,60 Euro im Jahr. Oder 0,015 Cent pro Tag.
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